Der Ländlerautomat

    Sie ist der heimliche Star in der Ausstellung «Volksmusik» im Forum Schweizer Geschichte Schwyz: Die Jukebox von 1960 spielt Ländler-Singles wie dazumal.

    (Bilder: Schweizerisches Nationalmuseum) Key visual der Ausstellung «Volksmusik», Grafik Büro Nord GmbH

    Viele Museumsgäste posieren vor ihr und machen ein Selfie – und die Kinder fragen, was für eine seltsame Maschine das sei. Die Jukebox in der «Volksmusik»-Ausstellung steht da wie eine alte Diva, leuchtet knallbuntgrell, sucht ratternd die richtige Schallplatte und versprüht den analogen Musikcharme von früher.

    Ganz genau sei das eine «Rock-Ola 1478, Tempo II/120» aus dem Jahre 1960, sagt Thomas Badertscher (64). In seiner Werkstatt in Oberburg im Emmental repariert der ehemalige Bänkler seit über 40 Jahren alte Jukeboxen. Auch für das Museum in Schwyz hat er einen dieser Knister-Dinosaurier aus dem Museum für Musikautomaten instand gestellt. «Dieser Musikautomat stammt aus Amerika, 34’000 Stück wurden davon hergestellt, er ist dem Heck eines Cadillacs nachempfunden.»

    Früher stand nahezu in jeder Beiz und Bar eine Musikbox; man warf eine Münze ein, wählte einen Titel aus und tanzte dazu. Damals ein Symbol der Anrüchigkeit, sind sie heute begehrte Sammlerobjekte. Ab 12’000 Franken bezahlen Liebhaber für so ein Retro-Bijou.

    Blick auf die Medienstation zu Fernsehmoderator Wysel Gyr.

    In der Schweiz waren Musikboxen von den 50er- bis in die 70er-Jahre populär. Stereoanlagen für daheim waren unerschwinglich, und das Radio sendete abends kaum. So gesehen hatten diese Musikmaschinen auch eine soziale Komponente und brachten viele Menschen zusammen. Mit dem Aufkommen des Telefonrundspruchs (das «Kabelradio») ging die Ära der Jukeboxen zu Ende.

    Auf dem Exemplar im Forum Schweizer Geschichte steht’s noch immer angeschrieben wie vor gut 60 Jahren: «2 PLATTEN Fr. –.50 / 5 PLATTEN Fr. 1.–». Und mancher angeheiterte Beizengast warf wohl einfach irgendeinen Batzen ein. «Einmal nämlich», erzählt Badertscher, «habe ich im Münzfach einer alten Jukebox doch tatsächlich ein Goldvreneli gefunden.»

    Die Jukebox im Forum Schweizer Geschichte ist eine Leihgabe vom Museum für Musikautomaten, Seewen SO. Die Ländersingles wurde zusammengestellt vom Haus der Volksmusik, Altdorf UR.

    pd

    www.musikboxen-singles.ch
    www.forumschwyz.ch


    Weitere Veranstaltungen
    31. Oktober, 19 bis 20.30 Uhr: Volkmusik rund um den Alpstein. Referat und Musik mit Barbara Betschart und der Kapelle «Baazlis Franz ond sini Musigkollege».
    2. November, 11 bis 12 Uhr: Kostümführung: Zeitreise ins Mittelalter mit Gertrud der Stauffacherin.
    9. November, 11 bis 12 Uhr: Expertinnenführung: Von der Stube ins Studio: Bühne frei für die Volksmusik! Der Rundgang mit Alexandra Neukomm (SNF-Forschungsprojekt «Claiming Folklore») zeigt, wie die mediale Verbreitung seit dem 20. Jahrhundert die Wahrnehmung der Volksmusik prägt und zwischen Tradition und Inszenierung neue Spannungsfelder eröffnet.

    Vorheriger ArtikelBerufsbildungs-Event St. Gallen – zwei Tage Praxis, Impulse und Haltung
    Nächster ArtikelDie Schuldenbremse macht die Schweiz zur Insel der glückseligen Steuerzahlenden